Erste
Spuren von Vampiren begegnen einem in fast allen alten Hochkulturen. So
soll man sich in China bereits um 600 v. Chr. Vampirgeschichten erzählt
haben. Aus Indien sind Abenteuer des Königs Vikram mit einem Vampir überliefert.
Es bestanden auch natürlich immer enge Verbindungen zwischen den Vampiren
und den heiligen Schriften der Völker. In den indischen Veden wird etwa
von den Gandharven berichtet. Diese waren blutgierige,
faunartige Buhlgeister, welche die Frauen im Schlaf heimsuchten, um ihr
Blut zu trinken. Gegen diese Gandharven existieren tatsächlich
Bannflüche, womit bewiesen ist, dass es sich bei den Gandharven
um eine beängstigende Realität handelt. Zumindest in den Köpfen der
damaligen (vielleicht auch noch heutigen) Menschen. In der antiken
Dichtung tauchen die Vampire als Striges, Lamien und Empusen
auf. Phiostratus berichtet in einer Erzählung von einer blutlüsternen Empuse.
Und bei Apuleius ist in seinem Roman "Metamorphosen" zu
erfahren, dass bluttrinkende Lamien die Menschen des Nachts
heimsuchen. Auch in den "Fasti" des Ovid überfallen Striges
den Königssohn von Alba, als dieser gerade fünf Tage alt ist. Homer lässt
Odysseus gar im 11. Gesang die Toten mit Blut aus ihrem Reich locken:
"Als ich nun so mit Gelübden und Bitten die Scharen der
Toten/Angefleht, ergriff ich die Schafe und schnitt ihre Kehlen/ Über der
Grube ab; ihr Blut floss dunkel. Da stiegen/ Aus der Tiefe die Seelen der
abgeschiedenen Toten..../ Die umschwärmten die Grube in große Scharen
mit lautem/ Schreien von allen Seiten. Mich fasste blasses
Entsetzen."
In Scheherazades Geschichten von "Tausendundeiner Nacht"
berichtet diese in der fünften Nacht von einem jungen Königssohn, der während
einer Jagd beinahe das Opfer einer bluttrinkenden Ghula
wurde und in den altisländischen Sagas gehen zuhauf Vampire um, die dort Wiedergänger
genannt werden.
Durch die Jahrhunderte
hindurch erzählten sich die Völker Europas Sagen von Nachtalpen,
wiederkehrenden Gatten oder nachzehrenden Toten und selbst Goethe veröffentlichte
1797 in Anlehnung an Phlegons "Die Braut von Amphipolis" sein
Vampirgedicht "Die
Braut von Korinth", welches wegen seiner ungewohnt freizügigen
Schilderung der nächtlichen Liebesszene zwischen der toten Braut und
ihrem lebenden Bräutigam auf teilweise erbitterte Ablehnung innerhalb der
zeitgenössischen Leserschaft stieß.
Die
Wurzeln des Vampirismus reichen weit zurück, bis in die Frühzeit des
Menschen, als er entdeckte, dass ein verwundetes Tier oder ein
verletzter Mensch mit dem Blut, das aus der Wunde floss, auch die
Lebenskraft verlor. Blut war die Quelle des Lebens. Deshalb schmierten
sich die Männer selbst mit Blut ein, und manchmal tranken sie es auch.
Damit war die Vorstellung geboren, dass man durch das Trinken von Blut
seine Lebenskraft erneuern könne. Für den Vampir jedenfalls gilt der
Satz aus dem Fünften Buch Mose (12.23): "...das Blut ist die
Seele", oder wie ihn Draculas Geschöpf Renfield zitiert: "Das
Blut ist das Leben!" Nur dass er in der Bibel im Zusammenhang mit dem
Verbot, Blut zu trinken, fällt.
Der
Vampirglaube ist weltweit verbreitet. Er kam im alten Babylon und Ägypten
ebenso vor wie in Griechenland, Rom und China, und es sind Vampirerzählungen
aus den verschiedensten Kulturen überliefert, zwischen denen ein
Austausch ausgeschlossen ist.
Der
Vampir trägt viele Namen: vrykolakes, brykilakas, barabarlakos,
borborlakos oder bourdoulakos im Griechischen; katakhanoso
oder baital im alten Sanskrit; upiry im
Russischen; upiroy im Polnischen; Blutsauger
im Deutschen. Im alten China fürchtete man den giang shi,
einen Dämonen, der Blut trank, und erzählte sich schon 600 v. Chr.
Vampirgeschichten. Abbildungen von Vampiren finden sich auf babylonischer
und assyrischer Töpferware, die Jahrtausende vor der Zeitenwende
entstand. Der Aberglaube blühte sowohl in der Alten als auch in der Neuen
Welt. Die Indianer im Gebiet des heutigen Peru glaubten an die canchus
oder pumapmicuc, eine Gruppe von Teufelsanbetern, die
schlafenden jungen Menschen Blut absaugten, um ihrer Lebenskraft
teilhaftig zu werden. Die Azteken opferten das Herz von Gefangenen, weil
sie glaubten, mit dem Blut die Kraft der Sonne zu speisen. Im antiken
Griechenland ging die vampirähnlichen lamia um,
furchterregende, mit Flügeln ausgestattete weibliche Dämonen, die junge
Schönheiten zu Tode brachten, um ihr Blut zu trinken und ihr Fleisch zu
essen. Die Namensgeberin Lamia war eine Geliebte des Zeus, die, von der
eifersüchtigen Frau des Göttervaters in den Wahnsinn getrieben, ihre
Kinder tötete und fortan durch die Nacht geisterte und aus Rache Kinder
umbrachte.
Dem
Talmud zufolge gab es schon vor Eva eine Frau auf der Erde, Adams erste
Frau Lilith oder Lilitu. Aber sie war Adam gegenüber
ungehorsam, stellte seine Autorität in Frage und verließ ihn schließlich
voller Wut, obwohl drei Engel versuchten, sie davon abzuhalten. Nach
diesem Affront wurden ihre Kinder getötet und sie selbst in ein
nachtaktives Ungeheuer verwandelt. Erst danach kam Eva ins Spiel und gebar
Adam Kinder, was Lilith in ihrer Eifersucht dazu brachte, den Söhnen und
Töchtern von Adam und Eva nachzustellen, um sie zu töten. Und da alle
Menschen laut Bibel von Adam und Eva abstammen, ist niemand vor Liliths
Angriffen sicher. Die mittelalterlichen Juden schützten ihre Kinder
deshalb mit speziellen Amuletten, auf denen für gewöhnlich die drei
Engel abgebildet waren, die versucht hatten, Lilith zu überreden, bei
Adam zu bleiben.
Der
gelehrte indische Dichter Bhavabhuti schrieb im 7./8. Jahrhundert fünfundzwanzig
Erzählungen über einen Vampir, der Tote wieder zum Leben erweckt, wobei
beobachtet wird, wie er kopfüber wie eine Fledermaus an einem Baum hängt.
Und auch die Hindugöttin Schiwa hat viel Ähnlichkeit mit einem Vampir,
unter anderem darin, dass sie gleichzeitig schöpferisch und zerstörerisch
ist.
Dem
Vampirglauben liegt insgesamt die orientalische Vorstellung der ewigen
Wiederkehr zugrunde, nach der nichts wirklich zugrunde geht, sondern in
immer neuen Reinkarnationen zurückkehrt. Der Vampir nimmt den Lebenden
das Blut; wenn sich aber sein Blut mit dem des Opfers mischt, wird auch
dieses zu einem Untoten, der die Endgültigkeit des Todes überwunden hat.
Weitere
Belege dafür, dass die frühen Vampire als weibliche Wesen betrachtet
wurden, finden sich bei Augustinus und anderen Kirchenvätern. So meinte
Augustinus zum Beispiel, dass Dämonen zwar "körperliche
Unsterblichkeit und wie menschliche Wesen Leidenschaften" besäßen,
doch keine Samen produzieren könnten. Vielmehr verschafften sie sich den
Samen lebendiger Männer und injizierten ihn schlafenden Frauen, um
auf diese Weise eine Schwangerschaft zu bewirken. Der heilige Klemens
schrieb ebenfalls, dass die Dämonen menschliche Leidenschaften hätten,
aber "keine Organe, so dass sie sich der Organe von Menschen
bedienen. Haben sie die Macht über die nötigen Organe gewonnen, können
sie alles erreichen, was sie wollen."
Ein
namentlich bekannter angeblicher Vampir, Peter Poglojowitz, wurde im 18.
Jahrhundert in einem kleinen ungarischen Dorf entdeckt. Er starb
1725 und als sein Grab später geöffnet wurde, fand man frisches Blut an
seinen Lippen. Außerdem zeigte der Leichnam keinerlei Spuren von
Verwesung. Die Dorfbewohner hielten Peter Poglojewitz deshalb für einen
Vampir und verbrannten den Leichnam. Ein anderer, 1732 bekannt gewordener
Fall von Vampirismus, der des Seben Arnold Paole aus Medvedja, war der Auslöser
für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Vampiren. Der gelehrte
Dominikanerpater Augustin Clement veröffentlichte 1751, auf dem Höhepunkt
der Aufklärung, eine Abhandlung über die Vampire in Ungarn und Mähren.
Vor
allem in Südosteuropa ist der Vampirglaube heute noch verbreitet,
besonders in Griechenland. Santorin, die südlichste der Kykladen-Inseln,
ist schon seit dem 17. Jahrhundert als Heimat von Vampiren berüchtigt. Früher
war es sogar üblich , mutmaßliche Vampire vom griechischen Festland nach
Santorin zu bringen, weil die Bewohner Erfahrung im Umgang mit Vampiren
besaßen. Nach einem griechischen Sprichwort ist es müßig, Vampire nach
Santorin zu bringen, so wie wir es für überflüssig halten, Eulen nach
Athen zu tragen.
Die
Art und Weise der Exkommunikation aus der orthodoxen Kirche bestärkte den
Vampirglauben, denn über den Exkommunizierten wurde der Fluch gesprochen:
"... und die Erde wird Deinen Leib nicht empfangen!" Der Körper
werde - als Zeichen des Bösen - "unversehrt und ganz"
bleiben, die Seele keinen Frieden finden. Orthodoxe Christen, die zum
Katholizismus oder zum Islam übertraten, waren dazu verdammt, über die
Erde zu wandern und nicht in den Himmel zu kommen. (So gab der historische
Dracula, als er gegen Ende seines Lebens zum römisch-katholischen Glauben
konvertierte, "das Licht der Orthodoxie" auf und "erhielt
die Finsternis" der Ketzerei; damit war sein Schicksal besiegelt: Er
würde ein Untoter werden - ein Vampir.)
Insbesondere
die Rumänen kennen eine ganze Reihe von Vampirgestalten. Die am häufigsten
benutzte Bezeichnung - strigoi (weibl.: strigoaica)
- meint ein Wesen, das bei Tageslicht schläft und nachts als Wolf, Hund
oder Vogel kleinen Kindern das Blut aussaugt. Im engeren Sinn bezeichnet strigoi
dämonische Nachtvögel, die sich von menschlichem Blut und Fleisch
ernähren. Der weibliche Vampir ist gefährlicher als der männliche. Die strigoaica
kann Ehen und Ernten zerstören, verhindern, dass Kühe Milch geben und tödliche
Krankheiten verursachen. Ein anderer Untoter ist der pricolici,
der als Mensch, Hund oder Wolf erscheinen kann. Unter den rumänischen
Vampiren gibt es immer auch Sünder, deren Reise in die andere Welt
unterbrochen wurde und die für eine gewisse Zeit dazu verdammt sind, den
Lebenden nachzustellen. Der rumänischen Überlieferung zufolge spielt
sich das Leben nach dem Tod nicht in einer spirituellen Welt ab, sondern
gleicht weitgehend dem auf der Erde. So liegt es nahe anzunehmen, dass die
Untoten wie lebendige Menschen über die Erde wandern. Sie sind allerdings
nicht immer Vampire. Tatsächlich ist das rumänische Wort für 'Untote', moroi,
gebräuchlicher als das für Vampire oder Blutsauger, strigoi.
Aber beide, die Untoten wie die Vampire, werden auf dieselbe Weise zerstört
indem man ihnen bei Tageslicht, wenn sie in ihren Särgen liegen, einen
Pflock durchs Herz oder in den Nabel stößt. Der Pflock sollte aus
Eschen- oder Espenholz gefertigt sein. In manchen Gegenden Transsylvaniens
wird auch ein Eisenstab benutzt, vorzugsweise in rotglühendem Zustand.
Anschließend werden die Überreste, um ganz sicher zu gehen, verbrannt.
Man kann ebenso eine Tanne in seinen Körper stoßen, um den Vampir in
seinem Grab zu halten. Die Tannenornamente, die man heute noch über rumänischen
Gräbern sieht, sind von diesem Brauch abgeleitet.
Der
Glaube an herumwandernde Untote und blutsaugende Vampire wird vielleicht
niemals ganz aussterben. In England wurde erst 1832 der verbreitete Brauch
verboten, Selbstmördern einen Pflock ins Herz zu stoßen. (aus:
Auf Draculas Spuren)
Und wer vermag schon zu
sagen, ob sie nicht wirklich dort draußen sind, jene Geschöpfe der
Dunkelheit mit ihrem ewigen Durst nach Blut?! Öffnet also Euer Fenster,
schaut auf den silbernen Mond und denkt daran, dass Ihr nicht alleine seid
in der dunklen Nacht.
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