In einer warmen Julinacht

(Copyright 2001 by Heshthot Sordul)

Es gibt Menschen, welche die Meinung vertreten, sie seien die Supertypen überhaupt. Sie denken, sie bräuchten keine Rücksicht auf irgendwas oder irgendwen zu nehmen und diese Einstellung äußert sich nicht selten dadurch, dass sie versuchen andere Menschen einzuschüchtern, zu bedrohen oder sogar Gewalt gegen sie anzuwenden. Eine ziemlich miese Einstellung, wie ich meine'. Diese Typen haben in der Regel einen äußerst schlechten Charakter und fühlen sich nur in der Übermacht wohl und mächtig. Doch was geschieht, wenn solche von sich eingenommenen Menschen nachts auf einen Vampyr stoßen und meinen, ihn zur Vertreibung Langeweile ein wenig tyrannisieren zu wollen?

Dieses ist mir nämlich im Jahre 2001 in einer warmen Julinacht geschehen. Doch lest selber:

Es war Freitag - der Freitag im Monat an welchem ich mich nach der Arbeit mit Freunden treffe. Diese Freitags-Treffen finden nun schon seit vielen Jahren regelmäßig einmal im Monat statt. So auch an diesem für meine Begriffe viel zu heißen Freitag. Es war so verflucht heiß, dass ich, wenn auch schweren Herzens, auf schwarze Kleidung verzichtet und mich in helle leichte Klamotten gekleidet hatte, so dass ich recht moderat aussah. Der Abend verlief wie immer sehr interessant, zumal es in der Wohnung, in welcher das Treffen stattfand, relativ kühl war, und zog sich bis in die Nacht hinein. Es war so gegen 1 Uhr, als ich mich verabschiedete, um nach Hause zu fahren. Meine Hoffnung, dass es sich mittlerweile um einiges abgekühlt habe, erfüllte sich leider nicht und der Umstand, dass ich auch noch den vollbepackten und somit recht schweren Alukoffer, in welchem sich einige Utensilien befanden, die wir für unsere Zusammenkünfte benötigten, ein ganzes Stück bergauf schleppen musste, um zu meinem Wagen zu gelangen, trug nicht dazu bei, dass meine an diesem Abend eh nicht sonderlich gute Laune, sich verbesserte. Innerlich fluchend schleppte ich also mich und den Koffer in Richtung Auto, welches ein gutes Stück bergauf auf einem Parkstreifen stand. An diesem Abend hätte ich nicht gedacht, dass sich meine miese Laune noch viel verschlechtern konnte, doch das war ein gewaltiger Irrtum. Denn als ich meinen Wagen, den ich gerade mal vor einem halben Jahr neu gekauft hatte, sehen konnte, schlug meine bis dahin schlechte Laune in reine Mordlust um. Auf der Motorhaube meines Autos saßen nämlich zwei Gestalten. Und als ob das nicht schon schlimm genug gewesen wäre, hatten die Typen auch noch ihre Bierdosen neben sich abgestellt. Und als ich dann auch noch sah, dass ihre Skateboards am Kotflügel lehnten, merkte ich, wie es irgendwo tief in mir anfing zu brodeln und verspürte ein leichtes Rauschen im Kopf. Diese Anzeichen kannte ich zur Genüge, denn ich hatte sie in der Vergangenheit schon mal verspürt. Einmal wäre ich deswegen fast von der Schule geflogen und ein andermal wäre ich fast im Krankenhaus gelandet. Und so nahm ich alle Kraft zusammen und beherrschte mich, was mir mehr als schwer fiel. Anstatt mich also auf die beiden Jungs, die es sich auf meinem Auto bequem gemacht hatten, zu stürzen, blieb ich zwei Meter vor ihnen stehen und sagte nur: ~Macht ganz fix, dass ihr von meinem Wagen wegkommt und betet, dass ihr den Lack nicht verkratzt habt!" Wären die zwei Typen nun einfach abgehauen, wäre wohl nichts passiert. Aber das wäre wohl zu einfach gewesen. Stattdessen schauten sie sich an, grinsten und rutschten dann von der Motorhaube, um sich vor mir aufzubauen. Der ältere und größere von beiden steckte betont lässig beide Hände in die Taschen seiner Hosen, deren Schritt ihm irgendwo zwischen den Knien rumschlackerte, was ihm das Aussehen verlieh, als hätte er sich gerade in die Hosen gemacht. Dann fragte er mich in einem sehr provokantem Tonfall: "Was willst du denn, du Mistpocke, eins aufs Maul - oder was?" Das war zu viel. Was nun kam, spielte sich wesentlich schneller ab, als ich es jetzt erzählen könnte. Auch dachte ich nicht mehr nach, denn mein Verstand hatte sich nach diesen Worten blitzartig in einer dunkelroten Wolke aufgelöst. Mehr instinktiv erfasste ich folgende

Lage: Beide Skater zusammen, würden mich wahrscheinlich ungespitzt in den Boden stampfen. Aber der jüngere, der genau so eine alberne Hose an hatte, spielte ziemlich nervös mit seiner Zigarette rum und schaute immer wieder unsicher auf seinen Kumpel. Es machte den Eindruck, als würde er sich in der momentanen Situation gar nicht wohl fühlen. Die eigentliche Gefahr, war der ältere der Beiden. Der war nämlich auch etwas größer als ich und erschien mir auch um einiges kräftiger. (Mit einer der Gründe, warum ich es erst mal im guten versuchen wollte, da ich grundsätzlich nicht unbedingt lebensmüde bin) Außerdem war er ziemlich aggressiv und schien durchaus auf Streit aus zu sein. Würde dieser mich in die Finger bekommen, könnte dies übel für mich ausgehen - dies war mir klar. Also, musste ich diesen Knaben zuerst ausschalten. Der andere war eine Witzfigur, aber sicherlich auch nicht zu unterschätzen, wenn der Ältere mich einmal gepackt hatte. Letzteren mit einem Tritt zwischen die Beine auszuschalten war wohl bei der Hose auch kaum möglich. Dies alles erfasste ich intuitiv blitzschnell. Wie gesagt, zu logischem Denken war ich gar nicht mehr in der Lage. Das einzige, was ich noch dachte war: Du hättest die Hände nicht so tief in die Hosentaschen stecken sollen Kumpel! Dann ließ ich den Koffer fallen und sprang auf den obercoolen Skater zu, packte ihn mit der rechten Hand an der Kehle und drückte zu, wobei sich meine nicht unbedingt sehr kurzen Fingernägel rechts und links vom Kehlkopf in die Haut bohrten. Mit der linken Hand versetzte ich ihm einen Stoß gegen die Schulter, so dass er zurücktaumelte. Abwehren konnte er diesen für ihn völlig überraschend kommenden Angriff nicht, da er ja die Hände in den Hosentaschen hatte und diese erst mal dort rausholen musste. Doch das nützte ihm nun nichts mehr, denn ich drückte ihm kräftig mit der Rechten die Kehle zusammen und ging, ihn vor mir herschiebend den Bürgersteig weiter hoch. Er bemühte sich zwar das Gleichgewicht zu halten, während er rückwärts den Berg hoch taumelte, was ihm aber nicht lange gelang. Denn ich hörte nicht auf zu schieben. Schließlich stolperte er, fiel nach hinten und zog mich mit sich, da ich seinen Hals nicht losließ. Er knallte auf den Boden und ich landete über ihm. Sofort kniete ich mich auf ihn, wobei ich ihm weiterhin den Hals zusammendrückte, was mittlerweile dazu führte, dass er nur noch röchelte und auch ein wenig die Augen verdrehte. Ich weiß wirklich nicht mehr, ob ich ihm da nicht auch noch ein wenig ins Gesicht geschlagen habe. Möglich wäre das schon. Auf jeden Fall drang dann die Stimme des anderen Skaters durch das Rauschen in meinen Ohren. Und diese Stimme hörte sich sehr weinerlich an. Er wiederholte andauernd: ,,Ob bitte hören Sie doch auf, Sie bringen ihn ja um. Hören Sie doch um Gotteswillen auf. Bitte..., So in etwa flennte er hinter mir rum. Ich hatte ihn völlig vergessen, muss ich gestehen und blickte mich nach ihm um, da ich keine Lust auf einen Tritt in die Nieren oder sonstige Körperteile hatte. Aber daran dachte das Weichei überhaupt nicht. Er stand einige Meter abseits auf der Strasse, starrte mich mit weit aufgerissenen Augen, aus denen die Tränen flossen, an und hatte sich - und das ist kein Witz! - tatsächlich in die Hose gemacht, wie mir der große dunkle herzförmige Fleck vorne auf seiner Hose eindeutig zeigte. Dieser Anblick brachte mich wieder einigermaßen zur Besinnung. Jetzt hörte ich auch das krampfhafte Röcheln meines "Opfers", welches gar nicht mehr in der Lage zu sein schien, mir irgendwelchen Schaden zuzufügen, obwohl ich jetzt merkte, dass er wohl schon die ganze Zeit versuchte meine Finger, die sich krampfartig in seinen Hals gebohrt hatten, zu lösen, was ihm aber nicht gelang. Seine Bewegungen wirkten auch schon ein wenig fahrig und kraftlos. Ich beschloss, nunmehr wieder Herr über meine Gedanken, ihm noch ein wenig Angst für die Zukunft einzuflössen, beugte mich über ihn und flüsterte ihm ins Ohr: ,,Komm mir noch einmal in die Quere Kleiner, dann reiße ich Dir die Kehle raus und trinke Dein Blut. Halt Dich also in Zukunft ja fern von mir, wenn Du Deinen ersten F.. noch erleben möchtest." Dann ließ ich ihn los, was gar nicht so einfach war, denn meine Finger hatten sich tatsächlich regelrecht verkrampft. Würgend und hustend rang er nach Luft und mir wurde bewusst, dass ich mich wohl um ein Haar unglücklich gemacht hätte. Nicht auszudenken, wenn der Typ erstickt wäre. Sein Kumpel hatte sich derweilen auf die andere Straßenseite verkrümelt und ich sah, nicht ohne eine gewisse Genugtuung, dass er sowohl die Bierdosen, als auch die Skateboards von meinem Wagen entfernt hatte, zu welchem ich mich nun schleunigst begab, da ich nur noch dort weg wollte. Fast hätte ich noch den Koffer auf dem Bürgersteig liegen lassen. Nach einem kurzen Rundumblick, bei dem keine Beschädigungen feststellen konnte, stieg ich ein, ließ den Motor an und machte mich schleunigst von dannen. Im Rückspiegel sah ich noch, dass der ,,Bettnässer" mittlerweile bei seinem Kumpel kniete und mir noch seinen Mittelfinger, als letzten Gruß hinterher hielt, was mich aber nach den Geschehnissen so überhaupt nicht mehr belasten konnte. Bleiben noch zwei Dinge anzumerken:

Erstens hielt ich ein paar Straßen weiter an, weil meine Knie fürchterlich zu zittern anfingen und rauchte erst mal zwei Zigaretten im Auto, bis ich mich so weit beruhigt hatte, dass ich weiterfahren konnte. Zwar war ich quasi als Sieger aus dieser Geschichte hervorgegangen, doch fühlte ich mich gar nicht so. Dass da irgendwas in mir plötzlich die Initiative übernommen hatte, bewahrte mich sicherlich vor einer Tracht Prügel, machte mir aber trotzdem Angst. Denn wenn es etwas gibt, was ich hasse, ist es, wenn ich die Kontrolle verliere. Doch das war in jener Nacht geschehen. Zwar hatte ich mehr oder weniger die Situation beherrscht, nicht aber mich selber. Und diese dunkle Kraft, welche aus meinem tiefsten Inneren gekommen war und die Kontrolle über mein Handeln übernommen hatte machte mir tatsächlich Angst. Denn ich war nicht in der Lage gewesen, mein Handeln zu kontrollieren. Was wäre geschehen, hätte ich diesem Skater den Kehlkopf eingedrückt? Ob das wohl als Notwehr eingestuft worden wäre? Wohl kaum! Zwar haben mir alle Freunde und Bekannten versichert, ich hätte richtig gehandelt, aber wie hätte es ausgesehen, wenn der Bursche dabei ernsthaft zu Schaden oder gar umgekommen wäre? Da darf ich noch heute, über zwei Monate später, gar nicht dran denken.

Zweitens: Es hätte fast noch eine Fortsetzung dieses Berichtes gegeben. Denn anhand der Adresse meiner Homepage, welche sich auf der Heckscheibe meines Wagens befindet, fand der Jüngere der beiden Skater einige Zeit später die Vampyrbibliothek und meinte, seinem Hass gegen mich in einem beleidigendem Posting im Forum Luft machen zu müssen. Es sei erwähnt, dass er in den Antwortpostings der anderen Besucher der Vampyrbibliothek verbal schier in der Luft zerrissen wurde, wofür ich mich nur bedanken kann. Aber er drohte mir in seinem Posting an, mich zu Hackfleisch zu verarbeiten, sollte ich ihm und seinem Kumpel noch mal über den Weg laufen. Diese dreiste Drohung von diesem jämmerlichen Feigling brachte mich dann derart in Rage, dass ich es nicht unterlassen konnte, ihnen ebenfalls mittels eines Postings zu antworten und ihnen den Zeitpunkt zu nennen, an dem ich wieder dort sein würde. Das war zwar ziemlich dumm, aber ich konnte einfach nicht anders. Nun, dieser nächste Freitag kam und ich parkte wieder an ungefähr der selben Stelle, da sonst nirgendwo anders ein freier Platz war. Diesen Abend im Kreise meiner Freunde konnte ich nicht so recht genießen, da ich mir wirklich Sorgen um mein Auto machte. Was wäre für diese Feiglinge einfacher als es mir mittels der Beschädigung meines Wagens heimzuzahlen? Kurz nach Mitternacht machte ich mich, diesmal allerdings nicht alleine, wieder auf den Weg. Ich gelangte zu meinem Wagen und.. nichts war geschehen. Weder war eine Beschädigung am Auto, noch waren irgendwo irgendwelche Skater in der Nacht auszumachen. Fast, aber nur fast, war ich sogar ein wenig enttäuscht, obwohl es gut war, dass sie nicht versuchten ihre Drohungen auch tatsächlich wahr zu machen. Seitdem war ich bereits wieder einmal dort gewesen, ohne dass man mir aufgelauert hatte und ich hege die Hoffnung, dass dies auch in Zukunft nicht mehr geschehen wird. Doch selbst wenn, werde ich nicht bereit sein, die mir von diesen Halbstarken vorgesehene Opferrolle anzunehmen. Ich hätte wohl auch gar nicht die Wahl. Dafür würde dieser blutrote Nebel schon sorgen, der in solchen Fällen die Kontrolle über mein Handeln übernimmt, meinen Verstand und jegliche damit verbundenen Hemmschwellen im Rauschen einer roten Flut hinwegschwemmt und mich Dinge tun lässt, die ich normalerweise niemals tun würde.

Und glaubt mir, das ist wahrlich nichts, worauf ich stolz wäre!

Heshthot Sordul (Oktober 2001)