Der Kuss

(von E Nomine Pacis)


Finstere Nacht. Man konnte kaum auf die andere Straßenseite blicken. Peter Harwey war auf dem Weg von einem Handballspiel nach Hause. Peter war in Gedanken versunken, nicht recht bei der Sache. Sie hatten das Spiel zwar nicht gewonnen, doch forderte auch dieser Kraftakt seinen Tribut .Müde und unkonzentriert ging er die Straße entlang. Von irgendwoher wehte der Wind eine träge Melodie herbei. Peter dämmerte kurz weg, als sich seine Nackenhaare aufstellten und ein unwohler Schauer ihn durchfuhr.
War da jemand ? Beobachtete ihn jemand ?
"Nein," dachte er laut. Er schob dieses unwohle Gefühl auf das verbliebene Adrenalin und die Aufregung des vergangenen Spiels. Trotz alledem beschleunigte er seine Schritte kaum merklich. Er beschloss die Abkürzung durch die Hinterhöfe und Gassen zu nehmen, um schnellstmöglich sein Appartement zu erreichen. Als er durch die Gasse ging, kehrte das merkwürdige Gefühl zurück. Er vernahm ein Rascheln, wie von einem Stoff der auf der Straße schleift und das typische Geräusch eines wallenden Umhangs.
Konfus blickte er nach hinten und zur Seite, dann auch nach oben. Dort sah er einen Schatten über die Häuserschlucht springen. Peter geriet in Panik und lief so schnell wie nur er nur konnte los. Am Ende der Gasse konnte er eine schemenhafte Gestalt ausmachen. Er verlangsamte sein Tempo und näherte sich der Gestalt langsam bis nur noch wenige Meter die beiden trennte. Die Gestalt war eine junge Frau, nicht älter als 20, von graziler Statur.
Ihr wohlgeformter Körper war in einen seidenen, roten Kimono gehüllt und auf ihren schmächtigen Schultern ruhte ein nachtschwarzer Umhang. Sie hatte blutrote Lippen und goldenes Haar, das ihr glatt auf die Schultern fiel. Er sah eine blutige Träne ihre Wange hinab laufen. Dann wanderte sein Blick zu den Augen der Schönheit.
Diese Augen ..., so zerbrechlich und doch voller Schuld. Plötzlich stand die geheimnisvolle Fremde unmittelbar vor ihm und legte ihre katzenartigen Arme um seinen Hals.
Peter, verblüfft und nichtsahnend was diese Märchenprinzessin an ihm begehrte, erwiderte diese Umarmung. Die Fremde küsste ihn zärtlich, dann leidenschaftlich und fordernd. Durch Peters Kopf floss ein wirrer Strom von Gedanken und er gab sich dieser Ekstase hin. Er sah Länder, die er nicht kannte, und hörte Namen von denen er nicht mal wusste, dass es sie gab. Er erfuhr Geheimnisse der Antike und wusste Dinge, über die sich die heutige Wissenschaft den Kopf zerbrach. Doch plötzlich wurde er aus diesem inneren Frieden gerissen und ein neues Gefühl brannte in ihm auf: Schmerz. Er öffnete die Augen und spürte, wie ihm die geheimnisvolle Frau die Halsschlagader durchtrennte. Er wollte zurückweichen, doch diese Augen.......sie ließen es nicht zu. Er war wie hypnotisiert, unfähig sich zu rühren. Peter spürte, wie ihm sein ach so kostbarer Lebenssaft gestohlen wurde. Er wollte schreien, doch aus Peters Kehle drang kein Laut. Man konnte sehen, wie die Fremde eine nicht minder große Ekstase verspürte als er zuvor.
Kraftlos sank er auf den Boden. Die Fremde sah ihn an und wusste, dass er binnen weniger Sekunden sterben würde. Entschlossen durchschnitt sie mit ihren Fingernägeln ihre Pulsader und ließ ihr warmes, rotes Blut in Peters geöffneten Mund tropfen. Peter hustete, wollte das Blut dieser Wahnsinnigen nicht trinken, doch als der erste Tropfen seine Kehle hinunter rann, schluckte er begierig auf mehr. O welch unbeschreibliches Gefühl, dieses unsterbliche Blut kosten zu dürfen. Mit seinen Lippen umschloss er das Handgelenk des Todesengels, wie ihm schien. Er sog und sog bis die Fremde ihn wegstieß und er konnte beobachten, wie sich die Wunde am Handgelenk schloss. Plötzlich durchfuhren ihn schmerzvolle Todeskrämpfe und er schrie vor Shmerz und Pein auf, er wand sich in Schmerzen und seine Glieder zuckten wild. Seine Lunge fühlte sich an, als ob sie explodieren würde. Das Herz schlug schneller und unregelmäßig, gewiss, dass er nun sterben würde.
"Habe keine Angst, mein Liebster. Das, was in diesem Moment stirbt ist nur dein menschliches Sein, damit du mit mir die Unendlichkeit der Nacht durchstreifen kannst."
Peter entspannte sich ein wenig, jedoch immer noch voller Schmerzen.
"Mein Name ist Pandora. Vor vielen Jahrtausenden wured ich wie du geschaffen. Ich empfand die gleichen Schmerzen wie du und hatte auch genauso viel Angst vor dem Tod. Nur ruhig,bald ist es vorbei."
Peter schloss die Augen und merkte, wie alle Empfindungen aus seinem Bewusstsein wichen, obgleich sich neue Sinneseindrücke einstellten: Er nahm die Gerüche anders wahr, das Rufen der Ratten und die Stimmen der nächtlichen Vögel. Es war nicht mehr wie früher. Ein herabfallender Kieselstein hörte sich an, als ob ein Haus zusammen stürze, und das Schlagen der Turmuhr war wie das Herbeiläuten von Harmageddon.
Peter setzte sich auf. Sein Haar war voller und sein Gesicht weicher und seidener als zuvor.
"Die Verwandlung ist vorbei mein Liebster, steh auf und lass uns gehen....."
Pandora half ihm auf und es schien, als glitten sie über die Wege und Straßen ohne den Boden zu berühren. Arm in Arm wanderten sie im Mondschein der Ewigkeit entgegen.........