In dieser Nacht ...

Autorin: Klara Duvert

Nächte wie diese finde ich zum kotzen. Schon wieder liegt jemand der mir mal nahe stand im Sterben. Doch ich kenne seit meiner Geburt nichts anderes. Es hat aber auch sein gutes das ich niemals alt und gebrechlich werde. Doch wenn ich auf meine Genaration zurück sehe... Alle durften ihr Leben leben und ihr Glück finden. Nur ich lebe noch immer in diesem Körper eines achzehn jähren Mädchens. Seit dem Tod meiner Stiefeltern halte ich mich nicht mehr so oft unter den Menschen auf. Menschen, ihr Leben ist so vergänglich. Ich sehe es immer wieder wenn ich meinen einstigen Freunden in der Stunde ihres Todes beistehe.

Niemand sieht mich, der mich nicht sehen sollte. Nur diese eine Person, wegen der ich gekommen bin. Oh Rick. Du warst meine erste größe Liebe und nun muss ich mitansehen wie du in diesem Bett liegst und durch Schläuche atmest. Du bist mir immer beigestanden, wenn die anderen über mich gespottet haben. Ich verfluche mein Leben. Warum konnte ich nicht bei meinen richtigen Eltern aufwachsen? Nein, ich musste ja unter Menschen aufwachsen. Mit ihrer Moral und ihren Wertvorstellungen habe ich kein Problem. Doch mit diesen verdammten Gefühlen...

Ein Vampir kennt keinen Neid oder Hass. Er würde nie an sich selbst oder an einem andern zweifeln. Liebe unter den Sterblichen ist vergänglich, doch bei uns dauert sie ewig. In meinem Leben musste ich oft genug erfahren zu was sie, die Menschen fehig waren. Erst vor kurzem wieder musste ich aus der Zeitung erfahren das ein Mann seine Frau und seine drei Kinder erwürgte weil er den Verdacht hatte sie würde ihn betrügen. Die Welt ist krank. Auch wenn du mich nicht sehen oder hören kannst Rick, ich bin bei dir. Es dauert nicht mehr lange und du kannst diesen Ort verlassen. Wo ist deine Familie? In so einer Stunde hat es niemand verdient alleine zu sein. Dein geplagtes Röcheln bricht mir das Herz. Du öffnest deine Augen und siehst mich voller Güte an.

Es mag sich einiges an dir geändert haben, aber deine Augen sind noch immer die, in die ich so oft sah und die Liebe spürte. Fuck, ich hätte dich zu mir holen sollen als ich die Gelegenheit hatte. Statt dessen habe ich mich zurück gezogen und alle in dem Glauben gelassen ich wäre schon vor über siebzig Jahren gestorben. Die Schläuche in deinem Mund verweigern dir das Sprechen, doch keine Angst Rick, ich lese deine Gedanken und beantworte dir deine unausgesprochenen Fragen. Meine Hand schwebt über deinem Gesicht und schließt deine Augen wieder. Ja, ich bin der Engel des Todes, dein Engel. Du wirst nichts spüren. Einmal noch höre ich dein altes schwaches Herz pochen und du stirbst.

Wie mag es wohl sein Rick? Was erwartet einem nach dem Tod? Eine Frage die ich wohl nie beantworten kann. Es tut so weh. Ich habe schon so viele verloren, und jetzt auch noch dich...

Ich ziehe mich fürs erste zurück. In diesem Wald waren wir früher einmal, als wir noch zusammen gehörten und nichts uns zu trennen vermochte. Auf dieser Lichtung liegen noch Erinnerungen die ich einfach nicht vergessen kann. Thomas kommt. Sein Kommen ist nur ein leises Flüsstern in den Wipfeln, doch ich würde es überall wieder erkennen. Ich beachte ihn nicht. Seine Hand legt sich in meinen Nacken und massiert ihn. Dass brauche ich jetzt.

Mein Kopf sinkt nach vor. Hmmm... seine Berührung ist so tröstend und tut meiner Seele gut. Er spricht nicht mit mir. Es ist mir egal, solange er bei mir ist und meinen Schmerz versteht. Am liebsten würde ich heuln, doch ich kann meinen Kummer nicht ausdrücken. Thomas dreht mich zu sich um. Seine klaren Augen schimmern mich eisblau an. Sanft streicht sein Finger über meine Wange. Nur schwach spüre ich wie er meine Gedanken berührt.

Bitte hör auf damit. Ich bin schon genug durcheinander. Verdammt, ich stehe wieder unter deinem Bann und kann mich nicht mehr befreien. Deine Stirn berührt mein und dein Einfluss auf mich ist stärker denn je. Was hast du vor Thomas? Meine Augen weiten sich vor entsetzen. Thomas, tu es nicht. Nimm nicht meinen Schmerz in dich auf. Du hast noch nie auf diese Art gefühlt und es könnte dich... Tu es nicht!

Zu spät. Zitternd drückt sich eine Hand gegen meine Schläfe. Mach doch bitte die Augen zu und hör auf den Schmerz aus meinem Kopf und meinem Herzen zu saugen. Du musst aufhören Thomas, aber nicht weil ich es dir sage... Fast ein ganzes Jahrhundert Schmerz auf einmal erträgt niemand, nicht einmal du. Es hat dich sehr geschwächt und du sackst vor meinen Augen zusammen. Ich muss dir helfen. Meine Kraft reicht noch aus um dich in die Stadt zu bringen.

Hier in dieser Gasse wird dich niemand entdecken. Ruh dich aus, ich besorge dir das, was du jetzt so dringend brauchst. Zuerst muss ich aber meinen eigenen Hunger stillen, damit du dein Oper nicht tötest. Trink anschließend von mir und still deinen Hunger, damit du wieder zu kräften kommst. Mal sehen was mir die Stadt heute zu bieten hat. Ich darf nicht zu wählerisch sein, Thomas wartet auf mich. Ein Club in der vierunzwanzigsten hat es mir angetan.

Alles Kinder aus reichen Familien und die Knaben sind sich sicher, dass sie jedes Mädchen dazu bringen mit ihnen ins Bett zu gehen. Der richtige Ort für mich. Schnell ist einer gefunden der sich in eine unbeobachtete Ecke führen lässt. Manchmal ist es wirklich schon zu einfach. Ich stoße ihn auf die Couch und setze mich auf ihn. Es muss schnell gehen, denn sein junges Blut bringt mich um den Verstand und lässt meine Augen glimmen. Er stöhnt und will mit seinen Händen unter mein T-shirt.

Doch ich umfasse seine Handgelenke und drücke sie zur Seite. Für ihn ist es erregend wenn ich an seinem Hals lecke. Ich brauche nur noch die richtige Stelle. Da ist sie. Ob er nun weiß warum meine Eckzähne so lang sind? Ich trinke so lange von ihm bis die Ohnmacht ihn übermannt. Ob er mein Gesicht wieder erkennen wird? Egal. Zwar kann ich das Gedächtnis nicht manipulieren oder auch nur einfachen Wunden heilen, dafür bekomme ich was ich will. Egal ob männlich oder weiblich. Na meine Schönheit, wo bist du?

Ich finde dich, niemand entgeht mir. Oh ja, die kleine an der Bar ist wie geschaffen für Thomas. Schnell lese ich ihre Gedanken und lese ihren sehnlichsten Wunsch. Model? Wie abgetroschen aber gut. Die Illusion eines Agentursausweises ist schnell geschaffen. Ihr Eitelkeit wird ihr Verhängnis. Wie naiv sie doch sind, ich mache ihr einige Komplimente über ihr Aussehen und zeige ihr die Karte. Ich könnte Lachen über diese Dummheit. Alle kleinen Kinder lernen schon das sie nicht mit fremden mitgehen sollen.

Würde ich es zulassen, wäre es ihr Tod. Ohne auch nur einmal meine Absichten zu hinterfragen, folgt sie mir. Armes kleines Ding. Ich hoffe Thomas erbarmt sich ihra und löscht ihre Erinnerungen an diese Nacht. Höst du es? Höst du ihr Herz schlagen und das Blut in ihren Adern rauschen? Warte noch in deinem Versteck, wir sind gleich bei dir. Sei nicht zu hart zu ihr. Du musst sie nicht töten, ich habe genug für uns beide in meinem Körper. Ich trete einen Schritt zurück und lasse dich deine Mahlzeit genießen. Die Schrei die von deiner Hand gedämpft werden verblassen.

Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du das Schmatzen sein lassen könntest. Das tut gut, nicht wahr? Du verschwendest keinen Tropfen. Das hast du noch nie gemacht. Es erregt mich wenn ich euch da so sehe. Anstatt meinem eigenen Verlangen nach zu kommen, sollte ich lieber darauf achten das du dem Mädchen nicht ihr junges und doch schon vergeudetes Leben nimmst. Es ist genug Thomas, die Kleine unter dir bricht bald zusammen. Deine Hand ist schon ganz warm.

Du nimmst mich so wie sie? Deine Finger drücken sich in meinen Hals und deine Zähne durchboren meine Haut, mein Fleisch und meine Hauptschlagarder. Für dich gebe ich keinen Laut von mir, setze mich nicht zu Wehr. Die Gewalt in der ich mich befinde, deine Gewalt, lässt nach. Der Sog an meinen Hals, ist fast nicht mehr zu spüren. Du brauchst dich nicht für dein grobes Vorgehen zu entschuldigen. Es warnen nur deine niederen Instinkte die dich geleileitet haben. Niemals würdest du mich absichtlich verletzen wollen oder können. Ich liebe dich...