Der letzte Tanz

(Copyright by Cry)

Das helle Mondlicht spiegelt sich in seinen tiefen schwarzen Augen und verleihen ihnen so noch mehr unheimlicheres als eh schon darin liegt. Er schaut mich an, nicht aus Freude, Ärger, Trauer oder sonst einer Gefühlsregung. Er schaut mich einfach nur an, aus seinen dunklen Augen und ich kann nicht anders als seine Augen anzusehen, in ihnen zu versinken, sie zu spüren. Es kommt mir vor als könnten seine Augen tief in mich blicken, vielleicht tun sie das sogar.
Er schließt seine Augen und blickt stumm auf die Erde. Kaum ist sein Blick verschwunden schon fühle ich mich irgendwie leer, ich will ihnen sehen, seine Augen, ich will das er mich anschaut, aber er tut es nicht, sondern hält sie immer noch geschlossen. Ich sage nichts, ich will ihn nicht hetzen, nicht die wunderschöne Atmosphäre zerstören die sich aufgebaut hat. Er sitzt nur da und schweigt.
Ich blicke in den Himmel zu dem großen Vollmond hinauf, der über uns steht. Ich liebe Vollmonde, sie sind so etwas faszinierendes und voller Schönheit. Manchmal sitze ich die ganze Nacht draußen und beobachte ihn, ich kann nicht anders, er hält mich in seinem Bann gefangen, solange bis er nicht mehr zu sehen ist, genauso wie seine Augen.
Ich schaue ihn wieder an. Ich glaube er hat meine Anspannung gespürt und dreht sich wieder zu mir.
Seine Augen schauen mich wieder an und ich schaue sie an, bis seine Stimme mich aus den Tiefen ihrer Schwärze reißt. "Ich will nicht mehr."
Ich brauche einige Sekunden um mir seiner Worte bewusst zu werden. "Hörst du mich? Ich will icht mehr." sagt er wieder mit seiner dunklen melodischen Stimme."Du willst icht mehr? Wie meinst du das?"
"Du weist wie ich das meine." Seine schwarzen Augen fixieren mich. Dringen in meinen Verstand, bis ich verstehe was er meint. "Warum nicht? Es ist doch alles gut so wie es ist."
"Nein, nichts ist gut. Ich will so nicht weiter machen."
"Sag das nicht, Bitte. Du weist wie sehr du mich damit verletzt." Ich sehe ihn flehend an, aber in seinem Gesicht sind keine Gefühle oder Reaktionen zu lesen.
"Ich weiss, es tut mir leid, aber es ist so."
"Das hast du schon so oft gesagt. Glaubst du diesmal ist es wahr?"
"Ich weiss es nicht, aber ich weiss was ich fühle. Ich liebe dich, aber ich möchte so nicht weiter leben." Eine einzelne Träne kullert an meiner Wange hinab.
"Wie kannst du sagen, dass du mich liebst und gleichzeitig dein Leben aufgeben? So ist es nun mal, wir können nichts dagegen tun. Warum versuchst du nicht das Beste daraus zu machen?"
"Das Beste?" Er lachte leise und spöttisch. "Was ist schon das Beste? Kannst du mich nicht ein wenig verstehen? Ich wollte dieses Leben nicht, ich habe noch nicht einmal das andere gemocht. Und ich brauche dieses Leben auch nicht. Warum sollte ich nicht einfach damit aufhören?"
Aus der einzelnen Träne sind bereits mehrere geworden. Viele Tränen aus Blut laufen meine Wangen binab. "Weil ich dich liebe, mehr als alles andere. Mit dir hatte ich die schönste Zeit in meinem Leben. Verlass mich bitte nicht."
"Ich tue dir ungern weh, aber unsere Liebe muss doch nicht enden. Sie wird auch über den Tod hinaus immer noch bestehen, oder nicht? Und das wird uns für immer verbinden."
"Bitte." schluchze ich und zerre an seinem Arm. "Bitte nicht, geh nicht weg, ich möchte nicht allein sein."
"Dann komm mit." Meine augen weiten sich erschrocken. Mitkommen? Meint er das ernst?
"Ich soll mit dir gehen?" Er nickt und lächelt mich liebevoll an. "Ich habe lange über meinen Entschluss nachgedacht, das Einzigste was mich immer daran gehindert hat, war meine Liebe zu dir, aber sie muss nicht enden. Komm mit mir, sei mit mir zusamen, auch im Tode."
Ich soll mein Leben aufgeben, dieses Leben, was ich erst vor 50 Jahren bekommen habe?
Aber ich liebe ihn und ich weiss, ich würde ihm überall hinfolgen, selbst, an die Unterseite der Hölle, wenn es sein muss.
Er sieht mich fragend an und ich schlinge meine Arme um seinen Hals. "Wenn es dein Wunsch ist, dann werde ich mit dir gehen, ich liebe dich und will dich nicht verlieren. Wenn schon, dann gehen wir gemeinsam in den Tod." Er lächelte zufrieden, beugt sich zu mir hinab und küsst meine Lippen.
Ich erwiedere seinen Kuss. Es wird der letzte sein, den ich von ihm bekommen werde.
Wir küssen uns zährtlich und unsere Zungen umschlingen sich spielerisch zwischen unseren Lippen. Sie tanzen ihren letzten Tanz, den Todestanz. 
Als die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont schauen, sitzen wir eng umschlungen auf der Bank. Unsere Körper erstarren unter den heißen Berührungen des Lichtes und zerfallen in Staub, der leise vom Wind dahin getragen wird.