Finsterer Besuch


Heiß ersehnt, erfleht so oft,
aus tiefster Seele stark erhofft,
in die Nacht hinausgebrüllt,
betend, daß sie sich erfüllt,
die Sehnsucht nach dem dunklen Kuß,
die ich Dir wohl erfüllen muß.


Zu sehr berührt Dein großer Schmerz,
mein verstehend' dunkles Herz.
So öffne nachts das Fenster Dein
und lasse mich zu Dir hinein.
Ein kalter Hauch weht Dir entgegen,
wenn ich mich werde zu Dir legen.


Eiskalte Lippen küssen Dich,
erwartungsvoll schaust Du auf mich.
Mein Blick sinkt tief in Dich hinein,
findet die Furcht, den Schmerz, die Pein,
wischt sie mit einem Blinzeln fort,
verschließt sie fest in sichrem Hort.


Deine Lippen zittern sacht,
als ein Lächeln Dir erwacht.
Dein Traum erfüllt sich diese Nacht,
hast Du Dir glücklich da gedacht.
Ich roch Dein Blut, fühlte Dein Glück
und wußte: Es gibt kein Zurück.


In mir brannte so heiß die Gier,
der Durst ward übergroß in mir.
Erbebend wandte ich mich ab,
wollte zurück ins finstre Grab,
doch feste hielt mich Deine Hand,
Du wolltest nicht, daß ich verschwand.


Die Ewigkeit wolltest Du haben,
am Blut der Andern Dich erlaben.
Solch dunkle Kraft spürt' ich in Dir,
daß ein Damm zerbrach in mir.
Ich wandte mich nicht länger ab,
vergaß die Nacht, vergaß das Grab.


Meine Lippen fanden die Deinen wieder,
ganz sachte löste ich Dein Mieder.
Dein Lachen klang ein wenig schrill,
als Du schriest: "Ich will, ich will...!"
Und leise flüsterte Dein Blut,
mir zu in seiner süßen Glut:


"Nimm mich und gib mir Deine Gabe,
weil sonst im Leben ich nichts habe.
Nimm mich mit in Deine Welt,
da meine mir nicht mehr gefällt.
Wie Du, will ewiglich ich leben,
den Blutkuss mußt Du mir nun geben.


Bist Du bereit? - Ich bin’s schon lang
und nun ist mir auch nicht mehr bang.
Oh bitte laß mich nicht im Stich,
nur um dies eine bitt' ich Dich!"

Deinen Schmerz fühlt' ich in mir
und näher rückte ich zu Dir.


Ich leckte über Deine Haut
und Du - Du lachtest dabei laut,
vor lauter Glück am Ziel zu sein,
das zu bekommen, was war mein!
Mit mir zu jagen durch die Nacht.
Du hattest es endlich vollbracht.


Du warst so glücklich, nah bei mir,
ich würd' Dich wandeln zum Vampir!
Das war es was Du hast gedacht,
doch dann kam über Dich die Nacht.
Hart biß ich zu, durchdrang die Haut,
Dein Schmerzensschrei erklang so laut,
daß ich den Mund Dir schnell verschloß,
während Dein Blut süß in mich floß.


Zurück gab ich Dir Deinen Schmerz
und laut pochte Dein sterbend' Herz.
Vor Pein wollte es schier zerspringen,
als meine Lippen Dir am Halse hingen
und saugten aus Dein größtes Gut,
Dein süßes, warmes, rotes Blut.


Dann ward es schwächer dieses Klopfen
und ich saugt' aus den letzten Tropfen.
Du starbst allein in meinen Armen,
mit Dir hatte ich kein Erbarmen.
Doch einen Gefallen tat ich Dir,
Dich nicht zu wandeln zum Vampir.


Denn was Du nicht hattest in Deinem Leben,
kann die Ewigkeit Dir auch nicht geben.
Und jede Nacht erschauder ich,
wenn ich auf jemand' treff', wie Dich.
Der auch vor lauter Glück laut lacht,
der auch die Tür mir aufgemacht
und ich zu ihm gekommen bin
und er gibt mir sein Leben hin.

(Copyright by Heshthot S.)