Engelswacht

Nebelfetzen ziehn umher,
der Horizont ist kahl.
Alleine wache ich im Schnee,
hab keine andre Wahl.
Die Welt um mich herum ist öd,
so kalt und furchtbar leer.
Tränen vereisen mir die Haut,
gefroren ist das Meer.

Die Sonne sah ich lang nicht mehr,
spür ihre Wärme nicht.
Ich fühle den kalten Schnee auf mir
und spür schwer sein Gewicht.
Ein toter Engel liegt vor mir,
hat keine Flügel mehr.
Sie sind zersplittert, als er fiel,
nun leidet er nicht mehr.

Mit Eisklingen durchfährt es mich,
es ist der kalte Wind.
Eisig ist er und tut so weh,
ich weine wie ein Kind.
Ich schaue auf den Engel still
und denk an seinen Fall.
Mit Donner stürzte er herab,
noch höre ich den Hall.

Auch auf den Engel fällt der Schnee
und deckt ihn langsam zu.
Für ihn ist all das Leid vorbei,
doch ich find keine Ruh.
Er fiel hinab aus großer Höh,
verlor die Ewigkeit.
Nun liegt er hier, vom Schnee bedeckt
und dies für alle Zeit.

Die Unsterblichkeit ward ihm genommen,
ich kenne nicht den Grund.
Doch ihn dort so im Schnee zu sehn,
macht meine Seele wund.
Ich würde ihn so gerne sehn,
mit heilen Schwingen fliegend
und nicht zerbrochen, kalt und tot
vor mir im Eise liegend.

Wenn ich den Blick richte empor,
sehe ich Engel fallen.
Und höre ihren Schmerzensschrei
in meiner Seele hallen.
Wie lange muss ich es ertragen,
bis auch der letzte Engel fällt
und hier in dieser kalten Hölle
auf Schnee und Eis zerschellt?

Und darf auch ich dann endlich gehen,
befreit von meiner Wacht?
Ich sehne mich sehr nach der Stille
der warmen dunklen Nacht.
Vermisse den Geschmack des Blutes
auf Deiner weichen Haut
und Deinen liebevollen Blick,
der in meine Seele schaut.

Es ist allein nur Deine Liebe,
die mich ausharren lässt.
Und so gestärkt wache ich weiter
und ertrage auch den Rest.
Ertrage all die toten Engel,
die ich fallen gesehen hab.
Ertrage diese kalte Wache
an ihrem eisig kaltem Grab.

Doch ist der letzte dann gefallen,
werd ich dieser Hölle hier entfliehn
und kein Dämon wird mich dann hindern,
zu Dir zurück zu ziehn.
Und so schau ich schaudernd übers Meer
der toten Engeln hier.
Doch meine Gedanken sind dabei
wie immer nur bei Dir!

(Copyright by Heshthot S.)